Lauterbach, 31.05.2012
Nicht ohne Brisanz war am Donnerstagabend eine Sitzung des Wirtschafts-, Bau- und Planungsausschuss des Lauterbacher Stadtparlaments im Sitzungssaal des Rathauses, bei dem als einziger Punkt das Konzept „Feuerwehr 2015“, der Bedarfs- und Entwicklungsplan für die Lauterbacher Freiwilligen Feuerwehren, auf der Tagesordnung stand. Das Konzept des Fachmannes, Dr. Ansgar R. Gietmann von der Endreß Ing-Gmbh – Dr. Gietmann ist übrigens selbst Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Gelnhausen - sah nämlich einige gravierende Veränderungen vor, die von dem ebenfalls anwesenden Lauterbacher Wehrführer und Stadtbrandinspektor Hans-Jürgen Schütz unterstützt wurden.
Die einschneidensten Forderungen für die kommenden fünf Jahre für die fünf Löschzüge der Kreisstadt stellte der Referent für die Feuerwehren Reuters und Rudlos sowie in Sickendorf auf. Aufgrund fehlenden Personals und fehlender Ausbildung sowie eines desolaten Feuerwehrhauses wird die Schließung des Standortes Reuters empfohlen und eine Verlagerung des dort vorhandenen Fahrzeuges nach Wallenrod vorgeschlagen. In Rudlos gibt es ebenfalls personelle Probleme, die durch das gemeindeübergreifende Zusammenarbeit mit der Feuerwehr Angersbach gelöst werden könnte. Für Sickendorf und den dort stationierten Löschzug empfiehlt Dr. Gietmann die Anschaffung eines wasserführenden Fahrzeugs.
Die Zusammenführung der ehemals drei selbstselbständigen Feuerwehren Allmenrod, Heblos und Sickendorf in einem Löschzug am Standort Sickendorf wurde von dem Referenten für gut geheißen. Diese Lösung schlägt Dr. Gietmann auch für Wallenrod und Reuters vor, die einen gemeinsamen Löschzug bilden. Hier solle der Standort auf Wallenrod konzentriert werden, und die Reuterser Feuerwehrleute sollten dort ihren Dienst verrichten.
Ansonsten gab es von dem selbst aktiven Feuerwehrmann an den Verhältnissen in Hessen einige Kritik, die auch vom Lauterbacher Feuerwehrchef Hans-Jürgen Schütz mitgetragen wurden. Nur in Hessen und einem weiteren Bundesland gebe es die sehr eng bemessene Hilfsfrist von zehn Minuten. Dies setze sich aus einer Ausrückzeit von fünf bis sechs und einer Fahrzeit von vier bis fünf Minuten zusammen. Diese Zeit halten die Fachleute für zu knapp bemessen und nicht immer für erreichbar.
Dr.Gietmann betonte, dass bei einem Einsatz mindestens sechs Feuerwehrleute vor Ort sein, die eine gewisse Qualifikation haben müssten. In diesem Zusammenhang begrüßte er die Einrichtung von Löschbezirken im Bereich der Stadt Lauterbach als sehr positiv. „Tagsüber kann es hapern“, stellte der Referent als eines der Hauptprobleme selbst in Städten mit einer Berufsfeuerwehr fest. So habe selbst Frankfurt nur einen Erreichungsgrad von 86 Prozent, in Lauterbach sehe es so ähnlich aus. Dr. Gietmanns Resümee: „Noch ist es zu schaffen“. Den Lösungvorschlag, dies durch die Einführung weiterer Berufsfeuerwehren zu regeln, hält der Fachmann angesichts der dadurch entstehenden Kosten nicht für realisierbar. 1.000 Euro für eine Einsatzstunde für eine Freiwillige Feuerwehr stünden 12.000 Euro bei einer Berufsfeuerwehr gegenüber.
Löschzüge mit zwei Standorten bezeichnete Dr.Gietmann als durchaus positiv, wenn die Alarmierung zusammen erfolge. Angesichts der prekären Kostenlagen in den Kommunen halten die Feuerwehr-Fachleute eine gemeindeübergreifende Zusammenarbeit in Zukunft noch für viel notwendiger, Einsparungspoteniale sieht man auch in einer Ausdünnung von Rettungsleitstellen. Einig waren sich wohl alle, dass Freiwillige Feuerwehren kein reiner Wirtschaftsbetrieb seien. Wehrführer und Stadtbrandinspektor Hans-Jürgen Schütz sieht auch in der Reduzierung der Einsatzzahlen eine Möglichkeit, die Präsenz bei größeren Ernstfällen zu erhöhen. So würden die Beseitigung von Wespennestern oder Ölspuren nicht mehr in jedem Falle von der Feuerwehr übernommen, vielmehr denkt man laut darüber nach, manche Aufgaben auf Privatfirmen oder etwa Straßenmeistereien zu verlagern. Auch sollten bei der Alarmierung die Leitstellen insbesondere bei durch Brandmeldeanlagen verursachten Einsätzen ihre Durchsagen ändern, um nicht von vornherein die Feuerwehrleute zum Daheimbleiben zu veranlassen.
„Die Feuerwehr sollte nur bei echter Gefahr geholt werden“, war eine der Forderungen, denn sie werde derzeit noch als „Mädchen für alles“ zu oft missbraucht. Auch die Tatsache, dass manche Arbeitgeber ihre Mitarbeiter nur noch bei großen Schadensereignissen zum Einsatz weglassen, ist für die Brandschützer ein Problem.
Der stellvertretende Wehrführer der Feuerwehr Lauterbach, Toni Michelis, sieht auch in der mangelnden körperlichen Fitness vor allem junger Aktiver ein großes Problem. Hier sollte man in Zukunft die Messlatte tiefer hängen.
„Die Sache sieht ganz gut aus“, zu diesem Schluss kam der Referent nach rund zwei Stunden Vortrag und einem lebendigen Austausch mit den Anwesenden, man könne stolz sein, dass noch so viele Freiwillige in einer Stadt wie Lauterbach zur Verfügung stünden.
Feuerwehrchef Schütz, der wie die Verwaltung Dr. Gietmann viele Daten für dessen umfangreichen Bedarfs- und Entwicklungsplan geliefert hat, sieht allerdings ein großes Problem, dass die jetzt empfohlenen Massnahmen für die nächsten fünf Jahre von den Lauterbacher Kommunalpolitikern aus Angst vor dem Verlust von Wählerstimmen nicht konsequent umgesetzt würden.
Text. nh24.de